10. Juli / Ju
Wir sind wieder
auf dem Rückweg den Fluss hinunter, nachdem wir drei Tage in
Georgetown, oder Jan Jan Bureh in ihrer Sprache, verbracht
haben. Hier hatte es mir nicht so sehr gefallen, denn die jungen
Burschen und auch viele Kinder waren recht aufsässig und frech
in ihren Forderungen. Man merkte gut, dass hier oben an dieser
Schnittstelle und Kreuzpunkt über den Gambiafluss wieder sehr
viel mehr Touristen verkehren als auf den 150 km Fluss zwischen
der Mündung in Banjul und hier. Für Segler ist es schwierig oder
unmöglich noch weiter aufwärts zu fahren, da eine unmarkierte
Starkstromleitung über den Fluss hängt, deren Höhe schwierig
abschätzbar ist. Die einzigen zwei Boote, die im Moment
ebenfalls auf dem Gambia verkehren, waren hier oben an Anker:
ein britischer und australischer Catamaran. Diese Flussfahrt
wird nicht oft gemacht, was aber schade ist, denn die Landschaft
ändert sich doch stark und wird gegen oben viel interessanter,
da der eintönige Mangrovenbewuchs Palmen, riesig grossen Bäumen,
Reisfeldern und Schilf weicht. Dazwischen sind immer wieder
Dörfer, kleine Siedlungen oder eine Fischerhütte auszumachen.
Der Fluss verliert an Salzgehalt (Mangroven = salzig) und
Landwirtschaft wird dank des ausreichenden Süsswassers gut
möglich. Viel an Gemüse zu kaufen gibt es in den dörflichen
Minimärkten allerdings nicht, die Leute bauen wahrscheinlich nur
für sich selber an. Auf Besucher, die sich selber verpflegen,
ist hier niemand eingestellt. Aber wir verhungern nicht, Brot
ist praktisch überall verfügbar, Mangos ebenfalls und mit dem
andern Frischzeug müssen wir halt haushalten, bzw. wieder auf
Büchsen zurückgreifen. Zu Thomas' grossem Bedauern gibt es hier
oben logischerweise auch keine Shrimps mehr, dafür können wir im
Fluss baden und uns waschen ohne mit Süsswasser aus unserem Tank
nachzuspülen. Und wir nähern uns nun ja schon wieder den Shrimps
und anderen Fischen. Georgetown liegt auf einer recht grossen
Insel mitten im Fluss, auf der Mac Carthy's Island. George nach
dem britischen König, Mac Carthy nach einem Gouverneur, beide
19. Jahrhundert, und Jan Jan Bureh bedeutet etwas mit Sklaven.
Wahrscheinlich war diese Insel in den unrühmlichen Zeiten ein
Depot für Sklaven, die im Inland eingefangen, den Gambia
hinunter und über das Meer verfrachtet wurden. Sicher war sie
einmal die Hauptstadt Gambias. Jedenfalls verkehren aufgrund der
Insellage zwei Fähren. Dieser Betrieb war interessant
zuzuschauen. Das Nordufer, an dem wir lagen, verfügt über eine
recht moderne, die nonstop verkehrte. Mal vollbeladen mit Autos
und Buschtaxis, mal sogar ein Krankenwagen, und Fussgängern,
aber auch mal nur mit drei Leuten und einem Velo. Sie hat
allerdings nur Platz für zwei Fahrzeuge. Am Südufer lag der alte
Schrotthaufen, jedenfalls für mein Laienauge, deren Manövern wir
auch mal eine Weile zugeschaut hatten.
Unsere Besuche in den kleineren Orten wie Kuntaur, Ka-ur oder
Kudang haben mir besser gefallen. Man wird zwar auch angebettelt
(Fussball kaufen, Schreibzeug, Geld, Süssigkeiten), aber weniger
aufdringlich. Mit scheint sowieso, dass dies häufig einfach das
Sprüchlein ist, das als erstes angebracht werden muss, aber die
Ablehnung wird sofort akzeptiert. Dann sind die kleineren Kinder
sehr neugierig und oft anhänglich. Sie schreien schon von weitem
"toubab, toubab", kommen hergelaufen, wollen uns berühren und
begleiten uns überallhin - ausser ein Erwachsener weist sie
zurecht. Einmal hatte ich an jeder Hand vier Kinder. Für zwei
hätte ich noch Platz gehabt, aber wahrscheinlich waren das die
beiden Daumen, die sind nicht so gut greifbar. Grüssen mit Hand
schütteln und Abklatschen ist für alle ein grosser Spass. Ich
hatte wirklich den Eindruck, es sei ungekünstelte Freude über
die Abwechslung und fühlte mich nicht 'komisch' im Sinn von
weiss/schwarz und oben/unten. Gestern abend in dem Fischerdorf
wollten sich alle fotografieren lassen und der Lärm war
ohrenbetäubend, als ich ihnen das Resultat auf dem Display
zeigte. In so Momenten muss ich allerdings die Kamera gut
festhalten und aufpassen, dass nicht alle ins Objektiv greifen.
Sie waren so begeistert, dass ich zum alten Trick griff und nur
noch so tat als ob. Die leere Batterie hat mich dann aus dem
Dilemma befreit.
Nicht nur die Begegnungen mit den Kindern sind schön, der Fluss
ist auch ein Vogelparadies. Das abendliche und frühmorgendliche
Konzert ist jeweils wunderbar. Die meisten Vogelnamen kenne ich
natürlich auch nicht, es gab aber schon einige Kingfisher
(Eisvögel) zu sehen. Das gewaltige Wetterleuchten fast jeden
Abend, wenn die Tageshitze noch über dem erwärmten Land ist und
es aufheizt, ist auch ein Spektakel. Taghell leuchtet es und
zündet ohne Unterbruch. Regenmässig gibt es meist nur 5 Tropfen;
da sind wir sehr froh, denn müssten wir die Luken zubehalten,
würden wir wohl im Schweiss ertrinken, bzw. gefühlsmässig
ersticken. Gestern haben wir vor einem Baum voller Paviane
geankert, das war ein Lärmen, Kreischen, Hinterherjagen, uns
Beobachten etc. Diese und die Hippos sind von blossem Auge als
Bewegung oder Fleck erkennbar, mit dem starken Fernglas aber
natürlich gut zu beobachten. Die Flusspferde machen ihr ganz
eigenes Geräusch. Beschreibbar vielleicht als etwas zwischen
Robbe, Kuh und Hirsch; aber tief und lautstark. Krokodile
allerdings haben wir nicht gesehen. Ob es noch welche gibt?
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5. Juli / Th Nun
haben wir beinahe George Town erreicht, das Ziel unserer
Flussreise. Wir ankern am Ende von Baboon Island und morgen früh
fahren wir noch die letzten gut 10 Meilen. Wir sind schon über
200 km von der Flussmündung entfernt, aber Ebbe und Flut sind
hier immer noch deutlich spürbar. Konkret heisst das, dass wir
bei einlaufendem Wasser flussaufwärts fahren und dabei die
Strömung mit uns haben. Da wir uns ja auch fortbewegen, dauert
es ca. 10 Stunden, bis die Strömungsrichtung ändert. So konnten
wir heute morgen ein Stück fahren und dann ab 17 Uhr wieder
(wenn man an Ort bleibt, ändert die Richtung nach 6 Stunden).
Interessant ist auch, dass durch das einlaufende Wasser vom Meer
her der Fluss bis weit hinauf salzig ist. Das bedeutet, dass das
Wasser nicht zur Bewässerung verwendet werden kann. An den Ufern
wachsen nur Mangroven und im Wasser hat es Meerfische und
Shrimps. Seit gestern ist das Wasser jetzt süss oder nur noch
minim salzig. Dadurch können die Reisfelder bewässert werden und
am Ufer hat es Schilf und Palmen. Die Flusslandschaft scheint
über weite Strecken völlig unberührt zu sein. Es hat sehr viele
Vögel und heute haben wir ein paar Mal Flusspferde gesehen. Auch
in der Nähe unseres Ankerplatzes hat es eine ganze Horde davon.
Überall, wo wir an Land gehen, sind wir sofort von Kindern
umringt. In den Dörfern gibt es sehr wenig zu kaufen, es hat nur
ein paar wenige Autos. Aber überall hat es Handy-Empfang und
zwar von drei Anbietern. Das scheint hier ein Riesengeschäft zu
sein. Überall gibt es farbige Werbetafeln mit den neusten
Angeboten, Wettbewerben, Autos zu gewinnen, ... Auch die
entsprechenden Prepaidkarten kann man überall kaufen. Wo die
ganze Kohle hinfliesst, steht auf einem andern Blatt
geschrieben.
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3. Juli / Ju Am liebsten würde ich hier
ein Fotostudio für die Frauen auftun. Sie sind mit den bunt
gemusterten, farbenprächtigen Kleidern (Bluse mit Wickelrock
oder Hose, dazu das verknotete Tuch um den Kopf, alles aus
demselben Stoff) wunderschön und sauber gekleidet. Zum grossen
Teil sind es die traditionellen westafrikanischen Bekleidungen
aus Baumwollstoff, zum andern aber auch die aus China/Indien
stammenden Polyestergewänder, die glänzen und mit Pailletten
verziert sind, Ton in Ton, in der Regel passen auch die
Schlarpen (Sandalen) farblich völlig dazu. Keine ohne schöne
Ohrringe, Kette und Armreifen.Für mein Auge, das ja bekanntlich
gerne bunt sieht, eine wahre Freude. Männer tragen weniger das
traditionelle "Pijama" (weite Hose und langes, weites Hemd, auch
aus demselben bunten Stoff), einige mehr die muslimische
Variante und Kinder oder arbeitende Burschen sind vor allem in
zerlöcherten, schmutzigen, wild zusammengewürfelten Shirts und
Hosen anzutreffen. Einige aber auch in gefakten Designerlabels -
von den Jeans bis zu den Shirts. Uhr und Handy tragen praktisch
alle. Nur wenige Frauen tragen ein farbiges oder uni Kopftuch,
welches die Haare ganz bedeckt, aber das Gesicht ganz freilässt.
Und nur eine einzige Frau mit schwarzer Burka, also nur dem
Augenschlitz offen, und schwarzen Söcklein habe ich bis anhin
gesehen. Überhaupt wird hier in Gambia ein sehr entspannter
Islam gelebt. Es hat sehr viele kleinere und eher baufällige,
jedenfalls nicht prächtige Moscheen, den Muezzin hört man
überall rufen, aber zum Gebet geht offenbar nur, wer gerade Zeit
hat und nicht anderweitig mit Geld verdienen beschäftigt ist.
Das Freitagsgebet wird etwas häufiger wahrgenommen, da sind im
Fall auch die Bankautomaten ausser Betrieb, entweder wird
kurz vorher massiv Geld bezogen oder am Freitagnachmittag wird
nicht mehr aufgefüllt. Das öffentliche Leben steht aber nicht
still, vielleicht verlangsamt es sich etwas. Im Gegensatz dazu
war ja in Jemen und Oman mehr oder weniger ab
Donnerstagnachmittag alles geschlossen. Man sieht ganz viele
nackte Frauenschultern, stillende Mütter auch, die Mädels sind
durchaus keck gekleidet und in den Buschtaxis sitzen sowieso
weibliches und männliches, schwarzes und weisses Fleisch eng und
schwitzend nebeneinander. Körperkontakt und zum Teil Einsichten
unvermeidlich - keine Befangenheit, kein Problem. In den
Klassen und auf dem Hof lernen und spielen Buben und Mädchen
zusammen. Es gibt keine geschlechtergetrennten Restaurants oder
i-cafés, die Frauen sind allein unterwegs und reisen alleine.
Die Namen sind zum grössten Teil arabisch, in den Schulen wird
auch arabisch gelernt, aber mir scheint es wie gesagt weit
entfernt von muslimischer Strenge, geschweige denn Fanatismus.
Die Männer haben fast ausschliesslich nur eine Frau und viele
Kinder. Sicher mehr aus ökonomischen Gründen, aber immerhin. Und
ich bin echt froh, auch so eine Variante selber zu erleben,
nicht nur all die Schauermärchen in den Medien zu hören oder in
den eigenen Schulklassen und im Dorf die "enge" Version zu
sehen. So eine Form von Islam müsste für Europa auch keine
Bedrohung sein.
Statt der erbettelten Süssigkeiten haben wir bei einem Ausflug
mit der Pirogue in ein nahe gelegenes Dorf bei Lamin den Kindern
einen Fussball gekauft, selber gekauft, selber gegeben - grosses
Hallo und Freude - dazu auch einen Hüter des Balles bestimmen
lassen. Ich betone das so, weil wir uns nur einen Tag später an
einem andern Ort, mehr im Touri-Gebiet, grossartig übers Ohr
haben hauen lassen. Der raffiniert gute Mann hatte eine wirklich
bewundernswerte Show von mehr als zwei Stunden geboten, die
Inszenierung mit Gratulanten zu seiner Hochzeit (Vorwand um ihn
und seine Frischvermählte zuhause zu besuchen) und den
Waisenkindern unter Obhut seines Imam-Grossvaters und und und
wäre oscarwürdig. Jedenfalls kamen wir aus der Falle unseres
Erachtens nicht mehr heraus, gekostet hat es uns 'einen Sack
Reis für die Kinder', oder 40 Stutz. Von wegen wir seien nicht
mehr voll die Touristen, ha! Einiges haben wir als Lehre
gezogen, ein Erlebnis war es auch - gefuchst hat es uns aber
doch auch. Darunter zu leiden hatten dann die mangels Touristen
in der Nebensaison aufdringlichen Strassenhändler in der
Casamance: da waren wir dann ziemlich kurz angebunden bis
unhöflich, einem ganz lästigen Typen habe ich alle verfübaren
französischen f-Wörter um die Ohren gehauen ... es hatte
genützt.
Mittlerweile haben wir jetzt die Regenzeit, also den Regen,
durchaus erlebt. In Ziguinchor, dem grössten Ort der Casamance
im Südsenegal, hat es jeden Tag oder Nacht mindestens einmal wie
aus Kübeln geleert. Die Engländer sagen "it's raining cats and
dogs" - es regnet Hunde und Katzen, und die müssten es ja
wissen. Wir hatten jedes Mal Glück und waren nicht gerade
unterwegs, waren auch ohne Schirm oder Regenjacken auf Reisen
... Aber die Strassen sind dementsprechend schlammig und
schwierig begeh- oder befahrbar. Auch die Wahoo habe in diesen 4
Tagen heftige Böen und Regen erlebt, da ist es dann an Land in
einem Hotelzimmer oder an einem Restauranttisch doch feiner und
trockener. Die kurze Auszeit hat uns gut getan. Leider ist der
erwünschte Erholungseffekt wegen Klaus' Organisations- und
Planungsdefiziten schon wieder übel zusammengeschmolzen. Wir
mussten die Wahoo auf dem Landweg einholen und 'irgendwo'
treffen. Wir haben es geschafft, hatten auch Glück dabei, aber
auch einigen Ärger.
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3. Juli / Th
So, nun fahren wir den Gambia River hinauf - mit
Motor und Strömung. Zur Zeit sind wir zu fünft, Christoph, der
Mechaniker und Susi, seine Frau sind auch noch an Bord. Nach der
Reparatur des Motors machen sie jetzt auch noch ein wenig
Ferien.
In der Zwischenzeit wissen wir auch, was den Motorschaden
verursacht hat:
Bei der Generalüberholung in Südafrika muss eine
Unterlagsscheibe in den Motor gefallen sein. Die lag wohl auf
irgend einem kleinen Vorsprung und ist dann irgendwann
heruntergefallen, genau zwischen Kettenrad und Kette. Dort wurde
sie dann eingeklemmt und zerquetscht und in der Folge ist die
Kette gerissen. Dadurch stand dann die Nockenwelle still und die
Ventile wurden nicht mehr gesteuert. Bei einem Zylinder war
eines der Ventile offen und als der Kolben heraufkam, hat er
gegen das Ventil geschlagen und das Ventil hat die Kraft des
Kolbens auf die Nockenwelle weitergeleitet, welche dadruch
gebrochen ist. Murphy lässt mal wieder grüssen.
Julia und ich waren in der Zwischenzeit für ein paar Tage in der
Casamance, in Ziguinchor. Eigentlich wollten wir auch mit dem
Schiff dort vorbei, aber dann kam der Motorschaden dazwischen.
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26. Juni / Ju
Da wir nun endlich wieder einigermassen Strom haben, kann ich
auch wieder schreiben. Da hier eigentlich Regenzeit ist, ist es
zwar oft bewölkt (= Sonnenkollektoren bringen nix) und es windet
fast nicht (= Windgenerator bringt auch nix). Wir können also
kaum genug Strom erzeugen für Kühlschrank,
Batterieaufladegerätli und Wasserpumpe, geschweige denn den
Computer. Nun hat Thomas aber mittels eines Autogenerators und
unserem Tauchkompressor ein kleines (fossiles) Kraftwerk
gebastelt, mit dem wir die Hauptbatterien des Schiffs wieder
hochjagen können. So können wir wieder mailen, sogar fotölen,
i-pod aufladen und dergleichen Luxussachen. A propos Regenzeit:
wirklich geregnet hat bisher erst zweimal. Am Ankunftstag (wie
üblich, es vermittelt grad einen super ersten Eindruck) und
einmal in der Nacht. Begleitet von starken Windböen prasselt
dann der Regen und hinterlässt auf den unbefestigten Strassen
Schlammseen und Bäche, die durch das Dorf laufen. Die Fahrzeuge
sind bis hoch hinauf dreckverspritzt, sie schlängeln sich
zwischen den am wenigsten tiefen Seen, das sind die mit dem
roten Schlamm gefüllten Schlaglöcher, hindurch, mal rechts, mal
links. Dazwischen suchen sich Velofahrer ihre Bahn - und die
Frauen mit ihren doch fast bodenlangen Röcken bleiben
wundersamerweise sauber! Aber es gibt
auch eine willkommene kurzzeitige Abkühlung und Erfrischung. Die
Zahl der Moskitos wird leider auch verxfacht. Dafür stehen all
die Mangobäume unter schwerer Last und wir geniessen täglich
welche zum Frühstück. Die Baobabbäume sind grün und treiben
Früchte (Affenbrot; Nahrung für die Affen und für die Menschen
ergibt die zerstossene Frucht v.a. Juice und offenbar sogar auch
Icecream), diverse Büsche und Bäume blühen farbenprächtig. A
propos Moskitos und Malaria. Es ist eine völlige Illusion, sich
möglichst nicht stechen zu lassen. Erstens haben wir nächtlich
2, 3 innerhalb des Netzes, die dann so gegen 3 Uhr morgens mit
Taschenlampe aktiv gesucht und zerklatscht werden. Weiss der
Teufel, wie die mmer da hinein gelangen. Nun haben wir
Verbesserungen angebracht, die hoffentlich etwas bewirken.
Anti-Brumm und diese Brennstäbchen halten vielleicht die ersten
20 Surriviecher ab, nicht aber die zweiten 20. Lange Bekleidung
desgleichen. So verlassen wir uns im Endeffekt halt auf die
Chemie, die wir zum Glück alle ohne Nebenwirkungen vertragen.
Und es ist ja nicht jede Mücke auch Träger von Malariaerregern.
Einen Vorteil hat das längere Verbleiben an einem Ort allerdings
schon: die Einheimischen kennen und grüssen dich langsam, wir
sind nicht mehr nur "Toubabs" = weisse Touristen (für 1, 2
Wochen am Strand in Gambia), sondern sind nun zwar Weisse, aber
auf Reisen und manchmal "halbe Gambier". Dies, weil ich langsam
die Orientierung auf den Strassen habe, die Preise, das Palavern
etc. besser kenne und wir uns demzufolge weniger wie Toubabs
verhalten. Das braucht aber jeweils so seine 3-4 Tage, bis ich
mich ein wenig zurecht finde. Die Gambier haben aber auch
Freude, wenn wir sagen, wir seien für längere Zeit hier, nicht
nur für 1, 2 Wochen :-))
Aber wieder zuhause, werde ich sicher die vielen
selbstverständlichen Annehmlichkeiten (mindestens eine Weile)
ganz anders und bewusster geniessen als bis anhin. Hier braucht
alles unheimlich viel Energie undZeit (lange Wege, Fussmärsche, alles
anschleppen, es ist schwül und heiss (heiss heisst alle
Bekleidung nach 2 Minuten nass geschwitzt und weiss vom Salz),
widersprüchliche Auskünfte). Auf der anderen Seite sind
die Reaktionen von Kindern auf der Strasse und in der Schule,
die wir besuchten, natürlich schon speziell. Die häufigste erste
Reaktion ist "Sweeties", wir verteilen aber grundsätzlich weder
Süsses noch Geldmünzen. Dann kommen schüchternes oder stolzes
Hände geben, aufforderndes "give me 5" (Abklatschen), Haut am
Unterarm reiben (geht das Weiss wohl ab?), Tasche und Kleider
berühren, meine Hand nicht mehr loslassen, sich an mich
schmiegen, aufs Foto wollen sowieso alle, usw. - herzig. Einer
hat sogar getestet, ob meine kleine Beule sich wohl auch wie
weicher Busen anfühlt ... Die Jungs sind eher etwas frecher als
die Mädchen, die sind mehrheitlich etwas zurückhaltender, dafür
haben sie alle so kecke Zöpflifrisuren ... Will ich ein Foto
machen, sind im Nu 2, 5, 10 Kinder im Pulk dort und dann kommen
sie alle näher und näher, ich kann jeweils nur im ersten Moment
abdrücken, nachher kann ich die Kamera nicht mehr fokussieren,
da sie mir so auf die Pelle rücken. Das sind natürlich die kleinen, so 4
bis 8jährigen. Die grösseren fragen v.a. nach woher, Name,
wohin. Sonst auf der Strasse gibt es einige Frauen und Mädchen,
die sich nicht fotografieren lassen wollen. In ganz seltenen
Fällen nur gegen Bezahlung, was dann ich ablehne. Wir hätten
nicht gedacht, dass wir als Fussballignoranten noch um die EM in
CH/Austria froh sein würden ... aber effektiv bildet Tschutten
den Anlass für soviele erste Kontakte, Berührungspunkte und
Gespräche. Ich würde sogar gerne eines der letzten Spiele im
"Pub" mit TV zusammen mit den Gambiern schauen. Für 15 Dalassi
oder 75 Rappen wäre man dabei. Aber dann müssten wir wieder die
30 Minuten in der Dunkelheit zurück laufen und noch per Dinghi
zurück auf die Wahoo. Nicht, dass es gefährlich wäre, überhaupt
nicht, nur sind wir doch praktisch immer um 9, halb 10 schon in
der Koje.
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25. Juni /
Th In den letzten
Tagen haben wir hier die nähere Umgebung erkundet. Die Leute
sind alle sehr nett und interessiert: Where are you from? How is
it in Switzerland? ...
Die Kinder sind sehr anhänglich, schütteln einem die Hand und
fragen nach Sweeties. Gestern haben wir eine Nursery School
besucht, eine Art Kindergarten. Die Kinder dort sind zwischen 3
und 7 Jahren alt. Schule ist von 8-12, dann gibt es Mittagessen
und danach werden die Kinder wieder von den Eltern abgeholt. Die
Lehrer haben uns dann auch noch zum Mittagessen eingeladen. Auf
dem Tisch steht eine grosse Platte mit Reis, viel Sosse, ein
wenig Fleisch und Gemüse. Gegessen wird mit den Fingern (wir
haben Löffel bekommen), direkt aus der Platte.
Julia und ich wollen von hier aus noch in die Casamance, auf dem
Landweg. Morgen sollten Klaus' Bruder, ein erfahrener
Automechaniker, und seine Frau mit den Ersatzteilen ankommen. Er
wird dann hoffentlich den Motor wieder in Schuss bringen. Danach
wollen wir noch ein Stück den Gambia hinauffahren.
Das Wetter ist gar nicht so regnerisch, wie man in der Regenzeit
erwarten könnte. Meist ist es bewölkt, so dass die Sonne nicht
so herunterbrennt. Nach dem letzten Regenguss vor ein paar Tagen
hat sich die Zahl der Moskitos vervielfacht, aber in der
Zwischenzeit hat sich die Lage wieder etwas beruhigt.
Wir essen viel Mangos, die wachsen hier überall und im nahen
Dorf bekommt man 4 Stück für 50 Rappen. Auch Shrimps gibts hier
in rauhen Mengen. Die fangen sie in der Flussmündung. Man kann
in den Supermärkten fast alles kaufen, das meiste ist aber
importiert (inkl. Kartoffeln, Milch, Butter, Eier, Chicken,
...). Viele Produkte kommen aus Belgien, Frankreich oder
Holland. EU lässt grüssen.
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19. Juni /
Th So, nun liegen
wir in einer schönen Mangrovenlagune vor Anker, 200m von der
Lamin Lodge entfernt. Diese Lodge gehört einem älteren
Deutschen, der hier vor 26 Jahren gestrandet ist. Er ist sehr
nett und hilfbereit und hilft uns, geeignete Leute zu finden, um
unser Motorproblem zu lösen. Auch haben seine Leute uns mit
einem kleinen Motorboot die 4 Meilen vom Hafen hier hin
geschleppt. Hier sind wir nun auch sicher bei einem allfälligen
Sturm.
Den Motor haben wir in der Zwischenzeit aus dem Motorraum
ausgebaut und so weit zerlegt, dass wir sehen können, was alles
kaputt ist. Der erste Verdacht, dass nämlich ein
Nockenwellenlager angefressen hat, hat sich zum Glück nicht
erhärtet; die Lager sind alle i.O. Wie es scheint, ist die
Nockenwelle an Altersschwäche, bzw. an einem Materialfehler
draufgegangen. Dann ist noch die Kette und das Kettenrad auf der
Nockenwelle hinüber. Nachdem die verklemmte Kette draussen war,
konnte man die Kurbelwelle auch wieder drehen.
Als nächstes müssen wir jetzt die passenden Ersatzteile besorgen
und dann den Motor wieder zusammensetzen. Dazu sollten wir
natürlich einen erfahrenen Fachmann haben (ich hab ja schon
viele Maschinen zerlegt und einige davon auch wieder erfolgreich
zusammengebaut ..., aber noch nie einen Mercedes Dieselmotor OM
616).
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15. Juni /
Th Seit Freitag,
dem 13. um 3 Uhr früh sind wir in Banjul, der Hauptstadt von
Gambia. Aber das war gar nicht so einfach. Der Reihe nach:
Nachdem wir uns zwischen den Inseln in eine gute
Ausgangsposition für die Fahrt nach Banjul gebracht hatten,
fuhren wir mit einlaufendem Wasser die letzten paar Meilen
zwischen den Inseln in den grossen Hauptkanal, welcher aus der
Inselwelt von Guinea-Bissau herausführt. Dort am Ausgang
ankerten wir nochmals, da wir für den grossen Kanal auslaufendes
Wasser wollten, um die Strömung mit uns zu haben. Als wir dann
losfuhren, hatten wir nur wenig Wind und erst noch aus der
falschen Richtung. Gemäss Prognose sollte der Wind dann aber
zuerst aus SW und dann aus W kommen. So fuhren wir mit Motor mit
der Strömung, aber gegen den Wind und kamen so trotzdem gut
voran. Als dann aber die Tide wechselte, hatten wir Wind und
Strom gegen uns und kamen nur noch langsam voran. So beschlossen
wir, da es in dieser Gegend überall sehr flach ist, den Anker zu
werfen und auf bessere Zeiten zu warten. Am Morgen hatten wir
dann wieder mitlaufenden Strom und fuhren weiter. Auch gabs ein
wenig Wind, so dass wir die Segel zu Hilfe nehmen konnten. Zum
Segeln ohne Motor reichte es aber nicht. Am zweiten Tag dann
plötzlich stellte der Motor ab! War etwa der Tank schon leer?
Klaus überprüfte das und am Sprit konnte es nicht liegen. Wir
versuchten den Motor wieder zu starten, aber der Anlasser konnte
den Motor gar nicht drehen. Irgendwas musste da kaputt gegangen
sein. So mussten wir halt doch segeln, und da der Wind aus NW
kam, mussten wir aufkreuzen. In der Nacht warfen wir wieder den
Anker, irgendwo südlich der Mündung der Casamance. Am andern
Morgen segelten wir dann weiter, der Wind hatte ein wenig zu
unseren Gunsten gedreht, aber wir kamen trotzdem nur sehr
langsam gegen Norden voran. Kaum war die Sonne untergegangen,
brach dann der Wind ganz zusammen und wir ankerten wieder. In
der Zwischenzeit hatten wir auch den Motor ein wenig unter die
Lupe genommen und herausgefunden, dass die Nockenwelle gebrochen
war. Auch die Steuerkette war gerissen und blockiert jetzt
wahrscheinlich irgendwo tief unten im Motor die Kurbelwelle.
Am nächsten Morgen dann immer noch Flaute, dafür leichter
Nieselregen. Genau, was man sich in einer solchen Situation
wünscht. Bis Banjul waren es noch gut 60 Meilen. Gemäss
Wetterbericht sollte SW aufkommen, aber wir hatten totale
Flaute. Dafür kamen immer wieder kleine Fischerboote vorbei, mit
jeweils 15 bis 20 Leuten darauf. Wir haben keine Ahnung, was die
dort draussen gemacht haben.
Nach dem Mittag kam endlich wirklich ein wenig Wind aus SW und
auch der Strom setzte gegen Norden. So setzten wir die Segel
wieder und nahmen langsam wieder Fahrt auf, und zwar genau
dorthin, wohin wir wollten. Nur 2.5 bis 3 Knoten, aber immerhin.
Der Wind nahm stetig zu und bald schon liefen wir mit 4, dann
mit 5, 6 und sogar bis 7 Knoten, ziemlich genau nach Norden. Und
der Wind blieb uns erhalten, er schwankte zwar ein wenig, aber
um 19 Uhr waren wir am Punkt, wo wir Kurs in die Mündung des
Gambia setzen konnten. Noch 25 Meilen bis in den Hafen. Zuerst
nach ENE, dann nach E, dann nach SSE, dann nach S und am Schluss
noch nach SW. In der Zwischenzeit war es Nacht geworden, aber
die dunklen Gewitterwolken schienen sich zu verziehen. So
beschlossen wir weiterzusegeln, so lange der Wind blies. Der
ging zwar immer mehr zurück, aber er hielt durch. Mir war das
Ganze nicht so geheuer, bei Nacht in einen unbekannten Hafen in
einer unbekannten Flussmündung, mit Strömungen und ohne Motor.
Aber Klaus sagte, gehen wir mal schauen.
Gegen Mitternacht konnten wir dann in den Hauptkanal
einschwenken, Kurs 155, mit Wind von 70°. Wir wurden wieder
etwas schneller, auch setzte die einlaufende Tide ein, so dass
wir Mitstrom hatten. Zurvor hatten wir noch eine Untiefe
überquert, noch 1.8 Meter Wasser unter dem Kiel, aber genau wie
auf der Karte eingezeichnet. Auch die grüne Tonne war dort, wo
sie gemäss Karte sein sollte, und blinkte fröhlich vor sich hin.
Wir waren noch gut 4 Meilen vom geplanten Ankerplatz entfernt
und konnten jetzt schon die Lichter des Hafens sehen. Nur das
Leuchtfeuer entdeckten wir nicht. Dafür einen hell erleuchteten
Frachter, so wie es aussah, direkt auf unserem Kurs, aber vor
Anker. Wir kamen immer näher an den Hafen, der Wind war nur noch
sehr schwach, man konnte das Schiff gerade noch steuern. Das
Wasser war viel weniger tief als auf der Karte eingezeichnet und
ich wurde langsam nervös, sah uns schon in die Hafenmauer oder
sonst wohin auf Grund laufen. Zum Glück hatte der Wind so
gedreht, dass wir noch weiter abfallen konnten, denn das letzte
Stück war Richtung Süden. Am Hauptquai lag ein grosser Frachter,
den wir problemlos passierten. Da wir mit dem Wind segeln
mussten, lag unser Kurs so nahe wie möglich an der Hafenmauer
und nicht weiter draussen in sichererem Abstand. Ich schaute
immer wieder auf den PC, wo das Schiff dank GPS immer genau auf
der Karte zu sehen war, aber die Karte ist halt auch nicht
absolut genau. Unser Wegpunkt gemäss GPS ist ziemlich am Land
gelegen, aber unsern Skipper hat das nicht gross gekümmert: Im
Grossen nach GPS, im Kleinen nach den Augen (es war ziemlich
finster). Na ja, Klaus hat wohl wirklich Nerven aus Chromstahl.
Dann nochmals um 20° abfallen, Segel ganz dicht, dort vorne muss
es sein, ein anderes Segelboot liegt schon da. Jetzt sind wir an
der letzten Hafenmauer vorbei, Klaus nutzt das bisschen Schwung,
das wir noch haben, stellt das Schiff in den Wind und sobald wir
stehen, werfe ich den Anker. Wir haben es geschafft!
Dann noch Segel runterlassen und einpacken. Als alles erledigt
ist, öffen wir noch eine Flasche Roten und essen dazu ein paar
Oliven. Um 4 Uhr sind wir in den Federn.
Am andern Morgen sind wir ziemlich nahe am andern Segelschiff.
Hans, der Schwede begrüsst uns und gibt uns erste einschlägige
Tipps. Nach dem Frühstück wassern wir das Schlauchboot und
fahren an Land. Nach gut einem Monat das erste Mal wieder festen
Boden unter den Füssen. Wir werden sogleich von ein paar
Einheimischen in Empfang genommen, der eine übernimmt die
Verantwortung für die Sicherheit unseres Dinghis, ein zweiter
bietet sich als unser Guide an. Er hilft uns, die offiziellen
Stellen zu finden, wir sind mal wieder an einem Freitag in einem
muslimischen Land angekommen, alles schliesst dann früher.
Zuerst Hafenmeister, der schickt uns zuerst zu Immigration und
Zoll, Immigration will Geld für die Visa, Zoll will Kopien
unserer Dokumente. Also zuerst in die Stadt, Geld rauslassen,
der einzige Bankomat ist gerade ausser Betrieb, also Cash
wechseln, Kopien machen, wieder Zoll, der ist zufrieden, dann
Immigration, der geniesst es, mit uns zu plaudern und das
Prozedere in die Länge zu ziehen. Er will noch das Schiff
inspizieren, kann aber nicht schwimmen und verschiebt es darum
auf morgen. Am Schluss haben wir unseren Stempel im Pass, nur
der Hafenmeister war schon nach Hause gegangen. Aber am Montag
ist auch noch ein Tag. Zum Abendessen hatten wir Hans, den
Schweden eingeladen und wir haben uns gut unterhalten und viele
Infos bekommen.
Gestern haben wir dann mal die Stadt ein wenig erkundet, erste
Einkäufe gemacht und endlich wieder frisches Gemüse und frische
Früchte gekauft. Zum Abendessen gabs dann auch mal wieder
Fleisch, dazu viel Gemüse und einen gemischten Salat. Mmh.
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15. Juni /
Ju Das Gute vorneweg; wir haben
es doch noch, und schneller als befürchtet, an unser Ziel
geschafft. Dank der Souveränität von Kapitän Klaus und den
navigatorischen Fähigkeiten von Lotse Thomas. Ich durfte ein
paar Stunden schlafen gehen. Ich mache das jeweils auch, denn es
hat gar keinen Wert, wenn ich auch noch an Deck rumhänge und
womöglich Kommentare abgebe oder Fragen aufwerfe. Da reichen
zwei Meinungen völlig aus. Ansonsten habe ich langsam, aber
sicher die Hucke voll. Die andauernden Pannen, Ausfälle und
Reparaturen brauchen extrem Energie und unterminieren meine
Motivation. Offenbar finden es alle richtigen Segler durchaus
normal, dass immer etwas am kaputt gehen ist, aber für mein
Empfinden ist es nicht normal, sondern höchst mühsam und
ermüdend. Der Motor war in kompletter Revision in Südafrika, und
wir dachten in wirklich kompetenten Händen, und nun ist er
wieder komplett ausser Betrieb. Vielleicht ist auch alles auf
der Wahoo zwar sehr gut gewartet, inzwischen aber zu alt und
verbraucht. Wer hier in Banjul die
abschliessende und richtige Fehlerdiagnose stellen UND die
Behandlung, sprich Reparatur, so machen kann, dass es zumindest
bis Portugal wieder funktioniert, ist eine ganz andere Frage.
Wer, wo, wann, woher Ersatzteile, zu welchen Kosten, all diese
Fragen brauchen wieder soviel Zeit und Energie. Statt dass wir
die Casamence erkunden oder den Gambia River hinauffahren,
schlagen wir uns mit diesen Problemen herum. Und nicht
auszudenken, in welchem Zustand und wo wir nun wären, hätte
Thomas mit Klaus' Hilfe und einigermassen Material das
beschädigte hintere Segel nicht reparieren können. Die schlussendlich
"nur" 16 Stunden Flaute, während der wir einfach festsassen und
alle Fischerboote an uns vorbei winkten, waren nervtötender und
schlimmer als die beiden Tornados. In einem Sturm kommt man kaum
zum verschnaufen und nachdenken. Ganz anders in einer Flaute.
Man wartet einfach, muss warten - bewegungslos. Wie lange wohl?
Ein paar Stunden? Tage? Kein Wind bedeutet: man muss sich
ohnmächtig von den Wellen umherwerfen lassen, es ist ohne
zumindest Fahrtwind drückend heiss, ohne Segel hat es gar keinen
Schatten, weder Windgenerator noch Wellengenerator könnten
Energie liefern, also haben wir kaum genügend Strom für die
Bordelektronik. Wenn die auch noch ausfallen würde, hätten wir
weder Echolot, noch Windmesser, noch GPS zur Verfügung, und das
wäre in diesen untiefen Gewässern nicht empfehlenswert! So sind
sie im Übrigen zu Kolumbus' Zeiten gesegelt, monatelang in
Flauten rumgedümpelt, fast verhungert und langsam alle
durchgedreht ... Wir hätten zwar einige gute DVD's an Bord, aber
keine Energie um welche zu schauen - und büchermässig laufe ich
mittlerweile auch auf dem letzten Zacken. Also, der geneigte
Leser merkt, meine Stimmung war auf dem absoluten Tiefpunkt.
Mittlerweile ist sie wieder ein bisschen besser, aber Westafrika
ist halt wieder "real Africa", das bedeutet sehr arm. Das
bedeutet staubig, kompliziert, rudimentär, schmutzig, hektisch,
lange Wege zu Fuss, mühsam, kraftraubend, stinkig,
organisatorisch (Behörden, Geldbeschaffung, Markt, Wäscherei,
Wasser, Diesel etc.) eine Herausforderung. Das Anlegen mit dem
Dinghi ist hier auch wieder eine schwierige und oft nasse
Angelegenheit. Mit Namibia und
Südafrika waren wir verwöhnt worden, hier ist es wieder wie in
Madagaskar, Jemen oder Eritrea. Wenn nur die Leute nicht so
freundlich, ja herzlich wären. Hilfsbereitschaft, Spontaneität,
Zeit für uns, immer einen freundlichen Gruss auf den Lippen und
dann die interessierte Frage nach dem woher, wohin, wie gefällt
dir Gambia - all dies ist dafür kein Fremdwort hier. Natürlich
wird bei allem erst einmal der doppelte Preis "geheuscht", aber
das würden wir in ihrer Lage genau so versuchen und wir kennen
ja das Spielchen mittlerweilen einigermassen.
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7. Juni /
Th Hier zwischen
den Inseln muss man sich nach den Gezeiten richten. Von oben
sieht es aus, als ob zwischen den Inseln nur Wasser ist. Aber in
Realität ist das meiste Gebiet untief, das heisst, grosse
Flächen fallen bei Ebbe trocken. Dazwischen hat es dann
eigentliche Kanäle, die oft 15m und mehr tief sind. Da der
Unterschied zwischen Ebbe und Flut bis zu 5m beträgt, führt das
zu ziemlichen Strömungen. Mal in die eine Richtung, sechs
Stunden später dann wieder in die andere. Wir schätzen, dass wir
jeweils bis 2 Knoten Strom haben. Und den versuchen wir
natürlich wenn immer möglich zu nutzen. Das Wasser ist sehr trüb
hier, man sieht nicht einmal, wenn es nur noch einen Meter tief
ist. So müssen wir uns ganz auf das Echolot verlassen. Falls man
irgendwo 'aufhockt' sollte der Wasserpegel so schnell wie
möglich steigen. Darum fahren wir nur bei einlaufendem Wasser
und haben dann auch die Strömung mit uns.
Gestern sind wir etwa 8 Meilen von unserem ersten Ankerplatz
weitergefahren, bis in die Nähe der nördlichen Ausfahrt des
Kanals zwischen den Inseln. Als dann Ebbe war, hatten wir den
Eindruck, dass es da nirgends weiter geht. Wir haben uns
entschlossen, heute morgen, etwa zwei Stunden nach Ebbe
weiterzufahren. In der Nacht hatten wir wieder ein heftiges,
aber kurzes Gewitter. Zum Glück hatten wir das Sonnendach
vorsorglich abgebaut. Heute morgen war es dann immer noch
bewölkt und regnerisch und wir wussten nicht richtig, ob wir
trotzdem los sollten. Etwa um 8 Uhr hörten wir Stimmen und ein
kleines Fischerboot mit 4 Fischern kam längsseits. Das erste
Mal, dass Leute in unsere Nähe kamen, obwohl wir immer wieder
welche gesehen hatten. Sie sprachen portugiesisch, einer konnte
aber ein wenig französisch und ein zweiter ein bisschen
englisch. Wir tauschten einen Sack Reis gegen 6 Fische. Danach
entschlossen wir uns, doch den Anker zu lichten und
weiterzufahren. Anfangs war es kein Problem, wir fanden den
Kanal und er war erstaunlich tief. Nach etwa 3 Meilen wurde es
immer flacher und wir liefen das erste Mal auf. Das ist weiter
kein Problem, da der Boden sandig ist. Wir kamen auch wieder
frei, aber irgendwie wurde es in keiner Richtung wieder tiefer.
Wir kamen frei, hockten wieder fest, ...
Also liessen wir das Dinghi ins Wasser und Julia und ich suchten
die Umgebung mit einer Stange ab. Wir wurden ziemlich nass dabei
und doch fanden wir dann schlussendlich einen Weg aus den
Untiefen heraus und wir hatten wieder ein paar Meter Wasser
unter dem Kiel. Da wir viel Zeit verloren hatten, konnten wir
unser ursprüngliches Ziel für heute nicht erreichen und so
liegen wir jetzt an einer andern Stelle zwischen ein paar Inseln
vor Anker. Bis zur nächsten Insel ist etwa eine Meile, aber wenn
Ebbe ist, kann man wahrscheinlich beinahe zu Fuss gehen.
Eben fährt ein kleines Boot an uns vorbei, darauf etwa 30
Personen, auch Frauen und Kinder und ein Moped. Wahrscheinlich
eine Fähre zwischen den Inseln.
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4. Juni / JuWir
sind endlich vor Anker, nach langen, monotonen 24 Tagen. Von den
im Führer erwähnten Hippos, Salzwasserkrokodilen und evtl.
kleinen Haien haben wir noch nichts gesehen. Das Wasser ist
allerdings auch sehr trüb (immer mit Mangroven), voller
Schwebepartikel und mit den grossen Gezeiten auch voller
Sandwolken. Sicht also gleich Null, so etwa wie der Rhein bei
Schmelzwasser. An Land sind wir noch nicht gegangen, gleich
gegenüber hat es aber Menschen. Man feldstechert zwei
Strohhütten, die Fischerboote, ein Licht und hört auch einen
Hahn krähen. Thomas hat auch eine Gruppe Kinder erspäht, also
ist es wirklich ein Dorf und nicht nur ein Aussenstützpunkt für
die lokalen Fischer. Im Gegensatz zu Madagaskar wurden wir auch
noch nicht besucht: entweder sind die Fischer hier sehr scheu
und wirklich Jachten nicht gewohnt, oder sie haben nix zu
verkaufen. Wir hätten allerdings auch kein Geld in ihrer
Währung, ein paar ganz wenige kleine Dollarnoten und sonst
müssten wir mit den Sackmesserli und Reis und Öl einen
Tauschhandel versuchen. Frischwaren wären natürlich willkommen,
obwohl wir also nicht klagen können. Die letzten Tomaten und
Kabissalat haben wir nach drei Wochen aufgegessen, einen Apfel,
einen Butterkürbis, vier Kartoffeln, Zwiebeln und Knobli haben
wir noch. Phantasiert haben wir unterwegs zwar schon, Thomas'
Standardspruch nach einem Essen war "und jetzt noch ein Stück
Schwarzwälder...", obwohl es dafür viel zu heiss war. Ich
schwelgte eher in Gedanken an einen Eiskaffee.
Hier versuchen wir nun, uns ein wenig zu erholen. D.h. die
wesentlichsten Unterschiede sind, dass das Boot nur leicht statt
stark schaukelt, es lärmt nicht und wir könnten theoretisch
durchschlafen (die Männer können das natürlich auch, z.T.
begleitet von intensiveren Geräuschen ...) Daneben sind wir aber
sehr aktiv: Betten und klamme Klamotten sonnen, bzw. durch
frische ersetzen, Handwäsche machen, Putzarbeiten (Kühlschrank,
WC, Küche), Vorratsdosen auffüllen, OPTIMIEREN und REPARIEREN.
Thomas und Klaus sind am Bohren, Feilen, Sägen, Hämmern,
Klopfen, Kleben und Dichten - und Improvisieren. Sie versuchen,
die abgebrochene Gaffel zu flicken. Den wichtigeren Teil hatten
sie noch unterwegs mit einer Chromstahlschiene soweit
hergerichtet, dass wir das hintere Segel auch wieder aufziehen
konnten, allerdings hatte es dann kaum mehr Wind. Die ganze
Überfahrt war also schon nicht grad der Hit. Waren wir bis zum
Äquator sehr schnell unterwegs, aber auch sehr rollig, so war
das letzte Drittel nur noch Sch... Magnetische Missweisungen im
Kompass, Ausfall vom GPS, Energieprobleme (zu wenig Sonne für
die Kollektoren und zu wenig Speed für den Wellengenerator) und
damit so grosse Entladung der Batterien, dass der Motor nicht
mehr gestartet werden konnte - und alles hat Thomas wieder zum
Laufen gebracht. Ohne seine Fähigkeiten und Kenntnisse ..., na
Prost. Und dann eben noch die zwei aufeinander folgenden
Gewitternächte, eigentlich Tornados wegen der starken Windböen.
Ich hatte noch Schwein, beide Male begann es während Thomas'
oder Klaus' Wache, d.h. ich war unten in der Koje mit Ohropax.
Wetterleuchten, der Rumpf stemmt sich gegen Wind und Wellen,
Ächzen und Gieren, alles fliegt herum, wir krängen, dass ich
schon glaube, wir kippten auf eine Seite, dann auf die andere,
"hochkommen, Segel müssen runter!", Ölzeug, Regen und Nacht,
alle 4 Sekunden taghelle Blitze ringsum, der Steuermann versucht
das Schiff in den Wellen zu halten, Thomas versucht das Segel
runterzulassen, natürlich klemmt es, ein Gewirr in den Seilen,
ich versuche das Segel zu fassen und runterzuziehen, bei allem
klammert man sich noch irgendwo fest, es schaukelt, es bläst, es
donnert, es schreit Kommandos und Fragen, die niemand im Chaos
versteht, na ja. Keine Zeit für Angst, das war eher unter Deck
im Sinn von "hoffentlich geht keiner über Bord, das wäre das
Ende". Der erste Sturm war kurz, aber heftig. Es kam so schnell,
dass die Segel weder gerefft noch geborgen werden konnten. Wir
hatten eine Spitzenböe von 56 Knoten = gut 100km/h. Nach
vielleicht einer halben Stunde war der Wind so weit schwächer,
dass wir die Segel bergen und provisorisch zusammenbinden
konnten. Beidrehen, Ruder festbinden, in die Kojen und
Tageslicht abwarten, aussitzen. Nächste Nacht ähnlich, 44 Knoten
Wind, da bricht die Gaffel, ein Alurohr von 40mm Durchmesser,
entzwei. Das Segel flattert und knattert wie wild. Sofort
bergen, aber es klemmt, das Balanceseil ist irgendwo fest
verhakt. Dann halt zuerst das vordere Segel runter, das viele
schwere Tuch irgendwie im Wind fangen und ins dafür vorgesehene
Netz hieven, festbinden, nochmals ans hintere, irgendwie geht es
dann, Segel und Seile überall, wir stemmen uns mit Armen und
Beinen ab, wo es nur geht. Wir schaffen auch das. Es ist schon 5
Uhr früh, aber wir versuchen noch zu schlafen oder mindestens zu
ruhen. Am Morgen dann Schadensbegutachtung: die Gaffel, ein paar
Seile und ein Riss im Grosssegel, das sind die grössten Schäden,
die die Wahoo in den 19 Jahren bisher zu verzeichnen hatte. Das
hintere Segel kann so nicht mehr gebraucht werden. Tagsüber gilt
es, die Bodenlumpen und das Regenzeug in Wind und wenig Sonne zu
trocknen. Brauchen wir es für die dritte Nacht wieder?! Nein,
brauchten wir nicht. Aber die abendlichen schwarzen Wolkentürme
hatten mich schon beunruhigt und jedes Rucken im Schiffsrumpf
machte mich wachsam. Hoffentlich war es jetzt das wirklich bis
zum Ende unserer Reise. Was war noch das Motto? - Abenteuer? -
Eben.
Alles war natürlich auch nicht negativ. So sind wir alle ausser
mal einer Hautabschürfung unverletzt und gesund. Wir haben ein
paar Mal auch Delfine gesehen. Mindestens 1000 nm von jeglichem
Land entfernt (wann und wie schlafen die eigentlich?). Ein Mal
einen grossen Schwertfisch aus dem Wasser springen. Ich konnte
es von Auge grad noch erkennen und Thomas war am Feldstecher.
Statt frieren ist wieder schwitzen angesagt. Schon in der
zweiten Nacht ab Walvis Bay konnte ich meine 7 Schichten am
Oberkörper um jeweils ein Teil reduzieren, die Faserpelze,
Socken und Handschuhe sind wieder verstaut. Desgleichen
Schlafsäcke und Wolldecken. Wir haben praktisch jedes Mal, wenn
wir den Fischköder einwarfen auch etwas zum Znacht gefangen. Wir
wurden sogar so wählerisch, dass wir zweimal auf den gemeinen
Bonito verzichteten und ihn noch lebend wieder zurückwarfen.
Jedes Mal, wenn ich eh Brot backen musste, gab es zum Znacht
eine sehr feine Pizza (ohne Wein). Dafür köpften wir nach
Ankersetzung am Montagabend, 2. Juni, im letzten Licht die
letzte Flasche Champagner noch aus Montenegro. Da sich der dazu
gereichte Apéro dann zum Fingersnack-Abendessen entwickelte,
wurde auch noch eine Flasche Rotwein hinterher geschickt.
Wirklich lustig war auch der Funkkontakt zu einem spanischen
Frachter mitten im irgendwo. Es ist sehr selten, dass wir bei
Sichtung eines Cargo den Funk einschalten, da die i.d.R. so
Zwerge und nur potentielle Hindernisse ignorieren. Da aber
machten wir es und prompt rief er uns an. Beglückwünschte uns
zum Schiff, wir segelten grad in Vollmontur mit einem dritten
Leesegel am Bug. Fragte, woher, wohin, ob wir etwas bräuchten
(Notfall, Spitaltransport). Als wir antworteten, wir hätten
gerne ein Pizza, lachte er und konterte, sie hätten fast keinen
Rioja mehr. Worauf Klaus natürlich Cabernet von uns anbot.
Ob wir wohl heute abend noch einen zweiten Anker brauchen? Der
nachmittägliche Wind ist jetzt sehr heftig, Strömung von Flut
und Wind prallen gegeneinander und produzieren Schaumkronen und
ringsum bilden sich Wolkentürme und schwarze Wände. Das sieht
bös nach Regen aus. Wir müssen sofort das Sonnensegel einrollen,
es zerrt zu stark an Tuch und Schnüren! - 15 Minuten später:
schon alles vorbei! Der Himmel ist nur noch grau, die
Wolkentürme sind nach Westen durchgebraust, nach nur einzelnen
Regentropfen brechen auch schon wieder Sonnenstrahlen durch. Es
reichte für Hektik; alles runter (Computer, Stühle, Wäsche von
der Leine, sonstige lose Sachen und Werkzeug einsammeln) und
dicht machen. So geht das.
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3. Juni / Th Gestern
abend, kurz vor Sonnenuntergang, sind wir endlich angekommen auf
einer Insel des Bijagos Archipel (Google
Earth), vor Guinea-Bissau. Wir hatten die letzten 48 Stunden
schlechten Wind, mal gar keinen, dann wieder auf die Nase -
einfach nicht so spassig. Und dann war der Eingang in den Kanal
zwischen den Inseln leider nicht so, wie wir uns das vorgestellt
hatten. Eine lange Sandbank versperrte den Eingang, wir sahen
immer nur die Brecher, die uns den Weg versperrten. Also mussten
wir meilenweit um die Sandbank herumfahren, natürlich hatte es
dann wieder Wind, 22 Knoten direkt auf die Nase. Als wir dann
endlich im Kanal drinn waren, kam dann der Wind von hinten und
wir hatten auch noch die Strömung der Tide mit uns. So liefen
wir unter Motor über 7 Knoten. Hier ist der Unterschied zwischen
Ebbe und Flut 5 Meter.
In einer Bucht haben wir den Anker geworfen und erst mal eine
Flasche montenegrinischen Sekts geköpft. Den Apero haben wir
dann zu einem 'leichten Dinner' erweitert und danach konnten
alle in die Federn und niemand musste auf die Wache.
Und hier liegen wir nun, ringsum Mangroven und auch Palmen, ein
kleines Fischerdorf und viele Vögel. Wir werden hier ein paar
Tage ausruhen und das Schiff wieder auf Vordermann bringen. Bis
Banjul in Gambia sind es dann noch 150 Meilen - ein Klacks.
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